Was blüht Autofahrern nach der Bundestagswahl? Müssen bald alle auf E-Autos umsteigen? Wie lange darf es noch Autos mit Verbrennungsmotoren geben? Werden die Innenstädte für Autos dichtgemacht? AUTO BILD hat Interviews ausgewertet und die Wahlprogramme gewälzt – von CDU/CSU (140 bzw. 32 Seiten) über Bündnis 90/Die Grünen (272 Seiten) bis zur SPD (66 Seiten)!

Wie stehen CDU, Grüne und SPD zum Tempolimit?

▶︎ CDU: Die CDU spricht sich ausdrücklich gegen ein Tempolimit aus.
▶︎ Grüne: Das Wort taucht im gesamten Wahlprogramm nicht ein einziges Mal auf! Doch auf Seite 33 kommt es dann: In geschlossenen Ortschaften soll Tempo 30 die Regel sein, auf Autobahnen 130 km/h (in Ballungsgebieten sogar nur 120). Ein Tempolimit ist wahrscheinlich die erste Maßnahme einer neuen Regierung, wenn die Grünen dabei wären.
▶︎ SPD: Die SPD will ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen einführen.

Wie stehen die Parteien zu Fahrverboten in Städten?

▶︎ CDU: Ein Diesel-Fahrverbot lehnt die CDU ab.
▶︎ Grüne: In den Städten wollen die Grünen den Raum "neu verteilen" (zugunsten von Radfahrern und Fußgängern), verkehrsberuhigte und autofreie Stadtviertel anlegen und Flächen "entsiegeln". Zu Testzwecken soll die Einrichtung von Pop-up-Radwegen erleichtert werden. Kommunen sollen freie Hand bekommen, Autoparkplätze abzuschaffen bzw. in Fahrradparkplätze umzugestalten. Die Bußgelder fürs Parken auf Rad- oder Fußwegen sollen erhöht werden. Die Grünen wollen "europäische Erfolgsmodelle" wie die Citymaut und eine Nahverkehrsabgabe einführen.
▶︎ SPD: Im Wahlprogramm der SPD werden Fahrverbote nicht erwähnt.

Was planen die Parteien bzgl. Autos mit Verbrennungsmotor?

Auspuff mit Abgasen
Beim Thema "Auto mit Verbrennungsmotor" beziehen vor allem die Grünen explizit Stellung.
Bild: dpa
▶︎ CDU: Deutschland soll weiterhin "die besten Autos der Welt" bauen, fordert die CDU – "und zwar mit allen Antriebsformen". Für den Umstieg auf emissionsfreie Mobilität will die CDU einen Fahrplan erarbeiten. Dazu sollen gleichberechtigt auch synthetische Kraftstoffe ("E-Fuels") und Wasserstoff berücksichtigt werden.
▶︎ Grüne: "Der Automobilverkehr muss in den nächsten zehn Jahren endlich einen starken Beitrag zum Klimaschutz leisten." Bis 2030 sollen 15 Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland fahren, ab 2030 sollen nur noch emissionsfreie Fahrzeuge neu zugelassen werden. Die Förderprämie soll umgebaut werden; Fahrzeuge sollen gestaffelt nach Klimafreundlichkeit gefördert werden, auch Leichtfahrzeuge wie z. B. der Renault Twizy könnten dann zukünftig dazugehören. Auch die Umrüstung von Verbrennern zu Elektroautos wollen die Grünen fördern. Die Steuersubvention für Dieselkraftstoff soll wegfallen.
▶︎ SPD: Im Wahlprogramm der SPD sind Verbrenner nicht erwähnt. Die SPD hat Tempo 130 schon seit Längerem beschlossen. Ein solches Tempolimit wäre ein Beitrag, die Emissionen zu senken – kein riesiger zwar, aber doch wirksam.

Was ist bei der Verkehrssicherheit geplant?

▶︎ CDU: "Die Zahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr will die CDU auf null verringern, dazu sollen Assistenzsysteme massiv gefördert werden."
▶︎ Grüne: "Unser Ziel ist die Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im Straßenverkehr." Dazu dienen Tempolimits (s.o.) ebenso wie die Förderung von Assistenzsystemen.
▶︎ SPD: Die SPD will im Interesse der Radfahrer den Verkehr so sicher machen, dass es zu keinen Verkehrstoten mehr kommt ("Vision Zero").

Wie sind die Pläne zur Elektromobilität und zu E-Autos?

Wallbox Ladesäule
"Elektromobilität" ist für alle drei Parteien ein wichtiges Thema – aber mit verschiedenen Ansätzen.
Bild: Getty
▶︎ CDU: Das Ladesäulennetz will die CDU so ausbauen, dass künftig im Abstand von zehn Fahrminuten eine Schnelllade-Möglichkeit existiert. Das Bezahlsystem soll vereinheitlicht werden. "Taxiunternehmen, Fahr- und Lieferdienste wollen wir bei der Umstellung auf Null-Emissions-Pkw durch Sonderabschreibungen, auch bei Ladesäulen, unterstützen." Die CSU plant ebenfalls, dass Taxis, Fahr- und Lieferdienste eine Sonderabschreibung für Null-Emissions-Fahrzeuge erhalten. Auch soll das Bundesförderprogramm für Elektrobusse ausgeweitet werden. Außerdem plant die CSU, in einer Mobilitäts-App sämtliche Verkehrsträger vom Zug bis zum Scooter zu vernetzen, bestell- und bezahlbar zu machen.
▶︎ Grüne: Auf dem Land ist das Auto unverzichtbar, das akzeptieren auch die Grünen. Dennoch wollen sie erreichen, dass Mobilität dort für alle verfügbar ist – also auch für alle ohne Führerschein. "Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wandladestation in der Garage eine zukunftsfähige Lösung." Zugleich soll flächendeckend Carsharing mit Carsharing-Stationen verfügbar sein.
▶︎ SPD: "Die Zukunft gehört den elektrischen Antrieben." Die deutsche Autoindustrie soll Leitindustrie bleiben. Bis 2030 sollen mindestens 15 Millionen Autos bei uns voll elektrisch fahren. Zugleich will die SPD in Deutschland Batteriezellenfertigung und Akkurecycling massiv fördern. Auch die Entwicklung der Brennstoffzelle als Antriebskonzept für den Schwerlastverkehr soll mit Nachdruck vorangebracht werden. Deutschland soll bis 2030 "Leitmarkt für Wasserstofftechnologien" werden.

Wie stehen die Parteien zum Straßenbau?

Autobahn A8 in Bayern
Zum Thema "Straßenbau" liest man bei allen Parteien viel zum ÖPNV – und sogar zum Fahrradfahren.
Bild: DPA
▶︎ CDU: "Wir werden unser Verkehrsnetz mit Schienen, Straßen und Wasserstraßen instand halten und weiter zukunftsfest machen." Das bedeutet, weitere Investitionen, auch in neue Straßen. Auch mehr Radwege sollen im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans entstehen. Verkehrsbelastungen für Städte und Dörfer sollen durch besseren ÖPNV, aber auch durch Ortsumgehungen reduziert werden. Stau-Schwerpunkte auf Autobahnen und Bundesstraßen will die CDU ebenfalls durch Erweiterungen bekämpfen, denn: "Weniger Staus bedeuten mehr Klimaschutz." Kommunen sollen Fahrrad-Vorrangrouten ausweisen können.
▶︎ Grüne: Deutschland soll Fahrradland werden mit einem lückenlosen Fahrradnetz. Radwege sollen parallel und gleichberechtigt zu Bundesverkehrswegen (Autobahnen und Bundesstraßen) angelegt werden. Außerdem soll es einen deutschlandweit einheitlichen Mobilpass geben, der die Angebote von 120 Verkehrsverbünden vereinheitlicht. Damit mehr Menschen Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen, sind "zeitgemäße Verkehrsregeln" und eine "Neuverteilung der Fläche" vorgesehen. Die Dominanz des Autos soll beendet werden, ab sofort haben andere Verkehrsträger Vorrang. Den Bundesverkehrswegeplan soll ein Bundesnetzplan ersetzen, der vor allem Geh-, Rad- und Schienenwege ausbaut. Verkehrsvermeidung steht im Mittelpunkt, durch Förderung von Homeoffice. Straßenbauprojekte sollen einer "Klima-, Umwelt- und Bedarfsprüfung" unterzogen werden und möglichst entfallen.
▶︎ SPD: Ein geändertes Straßenverkehrsrecht soll dafür sorgen, dass Kommunen in Zukunft mehr Fläche für ÖPNV, Radfahrer und Fußgänger bereitstellen können.

Was beabsichtigen die Parteien bei der Verkehrsplanung? 

▶︎ CDU: Die CDU bekennt sich zur Mobilität als Freiheitsgarant und Eckpfeiler einer erfolgreichen Wirtschaft. Sie will daher "die Rekordinvestitionen in die Infrastruktur verstetigen". Das Schienennetz will die CDU ausbauen und insbesondere mehr Nachtzüge fahren lassen. "Eine starke Schiene und der öffentliche Personennahverkehr sind ein bedeutender Faktor für die Dekarbonisierung des Verkehrs." Um mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern, will die CDU die Trassenpreise und auch relevante Steuern reduzieren. Mobilitätsstationen sollen die Verzahnung zwischen individueller Mobilität und dem ÖPNV verbessern, auch Park-and-ride soll ausgeweitet werden. Auch Angebote zum "Pooling" (also Treffpunkte von Fahrgemeinschaften) und Bedarfshalte für ÖPNV soll es vermehrt geben. Die Schwesterpartei CSU setzt sich insbesondere dafür ein, dass es steuerlich eine "Pauschale für mobiles Arbeiten" in Höhe von 1000 Euro – vergleichbar der jährlichen Werbekostenpauschale – geben soll. Das 365-Euro-Ticket, das es bisher für Schüler und Azubis in München gibt, soll "weiter ausgerollt werden". Der Bund soll dazu Verkehrsverbünde mit 20 Prozent der Kosten unterstützen. Die Pendlerpauschale, bisher eine starre Regelung, will die CSU dynamisch gestalten. Abhängig vom Benzinpreis soll die Pendlerpauschale steigen oder sinken, und zwar um einen Cent pro zehn Cent an der Zapfsäule, regt die Partei an.
▶︎ Grüne: Sie wollen "alle deutschen Großstädte regelmäßig an den Fernverkehr anbinden, die Takte im Regionalverkehr verdichten und den Zugverkehr wieder stärker in die Fläche bringen. Stillgelegte Bahnstrecken wollen wir schnellstmöglich reaktivieren". Bis 2030 sollen die Fahrgastzahlen in der Bahn verdoppelt werden. Es soll Quoten für emissionsfreie Busse geben. Der Güterverkehr soll durch günstigere Trassenpreise möglichst auf die Schiene verlagert werden.
▶︎
SPD: 2040 soll es nur noch erneuerbare Energien in Deutschland geben. "Wir brauchen mehr Tempo beim Ausbau der Stromnetze, Bahnstrecken, Wasserstoffleitungen und Ladesäulen für Elektroautos." Um Strom günstiger zu machen und erneuerbare Energien zu fördern, soll die EEG-Umlage in der bisherigen Form bis 2025 abgeschafft und fortan aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. An Knotenpunkten will die SPD Mobilitätsstationen für nachhaltige urbane Mobilität einrichten, die zum Umsteigen vom Auto ermutigen. Eine "nationale Leitstelle Mobilität" soll diese Entwicklung koordinieren. Bis 2030 soll das "modernste Mobilitätssystem Europas" aufgebaut werden, das jeden Bürger – unbeachtet des Wohnorts – mit einem "wohnortnahen Anschluss an den öffentlichen Verkehr" versorgt. Beim Bahnverkehr will die SPD einen Europatakt einrichten, Bahnfahren insgesamt günstiger machen. Alle Großstädte sollen an den Fernverkehr angeschlossen werden, neue Tages- und Nachtverbindungen in die Nachbarländer entstehen. Die SPD will die Bahn explizit nicht privatisieren. "Wir werden einen Rechtsanspruch auf mobile Arbeit einführen. Grundsätzlich sollen Beschäftigte bei einer Fünf-Tage-Woche mindestens 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten können, wenn es die Tätigkeit erlaubt."