Leichte Entspannung beim öffentlichen Laden: Die Zahl der Ladesäulen ist 2023 schneller gewachsen als die Menge an Elektroautos, teilt der Verband der Automobilindustrie (VDA) in seinem aktuellen Ladenetz-Ranking mit. Heißt: Das Verhältnis E-Auto zu Ladepunkt ist auf 21:1 gesunken, also 21 Elektroautos pro Ladepunkt. Im Jahr 2022 waren es noch 22 E-Autos pro Ladepunkt.
Ideal ist das noch nicht – der VDA empfiehlt zehn E-Autos pro Ladesäule, und in fast der Hälfte aller Gemeinden in Deutschland gibt es keine einzige öffentliche Lademöglichkeit. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur kommt zwar voran (28.338 neue Ladepunkte allein im Jahr 2022), doch hechelt er nach wie vor dem Bedarf hinterher.

Die Analyse des VDA basiert auf dem Stand 1. Juli 2023: Laut Bundesnetzagentur waren zu diesem Zeitpunkt genau 101.421 öffentlich zugängliche Ladepunkte für E-Autos und Plug-in-Hybride amtlich gemeldet, darunter 81.562 Normalladepunkte (AC) und 19.859 Schnellladepunkte (DC). Zum Vergleich: Anfang 2023 waren es insgesamt erst 80.541 Ladepunkte.
Dabei handelt es sich um alle öffentlichen Ladepunkte, die das Anzeigeverfahren der Bundesnetzagentur vollständig abgeschlossen haben und die im Internet veröffentlicht werden. Die tatsächliche Zahl liegt also etwas höher, Teslas Supercharger beispielsweise tauchen hier nicht auf (zur Ladesäulenkarte).

Wie viele E-Autos teilen sich in Deutschland einen Ladepunkt?

Der Mangel an öffentlichen Ladestationen (eine Station kann mehrere Ladepunkte haben) scheint über die Zeit relativ stabil zu bleiben: 2022 waren es noch 22 E-Pkw pro Ladepunkt, am 1. Mai 2021 wurden 17 Stromer gezählt.
Der sogenannte T-Wert variiert allerdings in den Zulassungsbezirken dieser Republik massiv, wie die genaue Auflistung zeigt. Ganz vorn liegt Ingolstadt mit einem T-Wert von 4,2 (6452 Elektroautos auf 1527 Ladepunkte). Darauf folgt der letztmalige Sieger, die Stadt Emden mit einem T-Wert von 5,3 (1034 E-Autos auf 195 Ladepunkte). Das Schlusslicht ist Mülheim an der Ruhr, wo 4071 Elektroautos um 50 Ladepunkte rangeln – ein T-Wert von 81,4. 

Sachsen ganz vorne, Saarland ist Schlusslicht

Im Bundesland Sachsen kommt es wiederholt zu den kürzesten Staus an der Ladesäule. Hier teilen sich durchschnittlich 13,9 E-Pkw einen Ladepunkt (im Ranking Anfang 2023 waren es 14,7) – Spitzenplatz unter den Bundesländern erneut verteidigt! Auf Platz zwei liegt Mecklenburg-Vorpommern, dahinter folgt Thüringen (die ganze Rangliste). Das Schlusstrio bilden Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland. Beim Schlusslicht sind es mit 30 E-Autos pro Ladepunkt mehr als doppelt so viele wie in Sachsen.

Jede zweite Gemeinde komplett ohne Ladepunkt

Besonders erschreckend: In rund der Hälfte (48 Prozent) aller 10.773 Gemeinden in Deutschland gibt es laut E-Ladenetz-Ranking immer noch keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt. Bei der so wichtigen Schnellladeinfrastruktur, die Ladepausen verkürzt, ist die Situation noch gravierender: Der bundesdurchschnittliche S-Wert (Verhältnis Schnellladepunkt zu E-Pkw) liegt bei 110,8 – deutlich besser noch als die 141,7 von Anfang 2023. Dazu passt, dass Ladenetzbetreiber wie zum Beispiel EnBW inzwischen bevorzugt Schnellladesäulen bauen. Die versprechen naturgemäß auch deutlich mehr Umsatz.

Fünf Auto-Standorte haben die meisten Ladepunkte

Ebenfalls vom VDA errechnet wurde der A-Wert. Er setzt die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte ins Verhältnis zu sämtlichen im Landkreis oder in der Stadt zugelassenen Autos, unabhängig von deren Antriebsart. Hier haben mit Ingolstadt (Bayern; Audi), Regensburg (Bayern; BMW), Emden (Niedersachsen; VW), Wolfsburg (Niedersachsen; VW) und Groß-Gerau (Hessen; Opel) gleich fünf Standorte großer Autobauer die Nase vorn.

Ausbautempo müsste sich laut VDA verdreifachen

Der VDA beklagt in seiner Studie wie schon in den Vorjahren das fehlende Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. "Um das Ziel von einer Million Ladepunkten im Jahr 2030, das die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten hat, zu erreichen, müsste sich das Ausbautempo der vergangenen zwölf Monate mehr als verdreifachen", so das Fazit des Verbands.
Einschränkend hinzugefügt werden muss allerdings, dass ein Großteil (70 bis 80 Prozent) aller Ladevorgänge von E-Autos in Deutschland im privaten Bereich oder am Arbeitsplatz stattfindet. Durch öffentliche Förderung wurden allein zwischen September 2020 und Oktober 2021 fast 700.000 heimische Wallboxen bezuschusst, die Zahl der Ladestationen zu Hause wuchs also kräftig.

Studie: Ladeinfrastruktur in Ballungsgebieten fördern

Der Hauptgrund für die Misere bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur: Ladesäulen oder sogar ganze Ladeparks lassen sich oft (noch) nicht wirtschaftlich betreiben. Daher zögern viele sogenannte Charpe Point Operators (CPO), also die Ladesäulenbetreiber, noch mit dem Ausbau.

Was steckt hinter den Begriffen CPO, MSP und Ladestation?

CPO: "Charge Point Operator" = Betreiber von Ladestationen; MSP: "Mobility Service Provider" = Dienst zum Laden via Karte/App an Stationen verschiedener CPOs;  Ladestation: Gerät zum Versorgen von E-Autos mit Strom (meist mit mehreren Ladepunkten)
Eine Lösung dieser Gesamtproblematik hat 2022 eine Studie der staatlichen KfW-Förderbank aufgezeigt (zum PDF). Demnach müsste statt eines gleichmäßigen, flächendeckenden Ausbaus vor allem die Ladeinfrastruktur in Ballungsgebieten gefördert werden.

In Großstädten wird seltener zu Hause geladen

Eben in Ballungsgebieten, so die Sonderauswertung des KfW-Energiewendebarometers, seien bei einem weiteren zahlenmäßigen Anstieg der Elektrofahrzeuge höhere Nutzungsraten zu erwarten. Einfacher ausgedrückt: Wo viele Menschen wohnen, werden vermutlich mehr E-Autos gekauft und Ladestationen häufiger genutzt.
Zumal – auch das ist eine Erkenntnis der Studie – E-Autos in kreisfreien Großstädten, also in dicht besiedelten Gebieten, weniger private Abstellfläche haben und somit auch im Verhältnis seltener zu Hause geladen werden können.
Nach wie vor sind die Reichweitenangst und die Furcht, die Akkus nicht aufladen zu können, die größten Bremsklötze beim Umstieg vom Diesel oder Benziner auf ein E-Auto. Die öffentliche Ladeinfrastruktur sei in diesem Zusammenhang die zentrale Stellschraube für Akzeptanz von Elektromobilität, heißt es in der KfW-Studie.