Die unabhängige Forschungsorganisation ICCT (International Council on Clean Transportation) – Mitenthüller des VW-Abgasskandals – hat in einer neuen Verbrauchsstudie Erstaunliches herausgefunden: Erstmals seit Beginn der Erhebungen 2012 stellten die Forscher einen leichten Rückgang der Kluft zwischen offiziellem und tatsächlichem Kraftstoffverbrauch bei Pkw fest. Bis zu den neuen Zahlen für 2018 war die Abweichung zuvor jedes Jahr gestiegen.

Mehrverbrauch immer noch bei 39 Prozent

Mit fast 46 Prozent Mehrvebrauch Spitzen-Säufer bei den Dieseln ist der Ford Fiesta 1.6 TDCi Econetic.
Die CO2-Angaben bei Autos hängen direkt mit den Verbrauchswerten zusammen.
Doch noch immer liegt der getestete Verbrauch 39 Prozent über den teils verlockenden Angaben der Autobauer, die Diskrepanz ist mehr als viermal so hoch wie im Jahr 2001. Die Mehrausgaben in Sachen Sprit für einen durchschnittlichen Autofahrer betragen nach Angaben der ICCT rund 400 Euro pro Jahr. Da Kraftstoffverbrauch und Kohlendioxid-Emissionen direkt zusammenhängen, wurden nur etwa die Hälfte der auf dem Papier stehenden CO2-Reduktionen seit 2001 tatsächlich erbracht. Den Schaden hat aber nicht nur das Klima, sondern auch die Autofahrer, die den Mehrverbrauch bezahlen müssen, sowie der Staat, dem Einnahmen aus der an den Verbrauch gekoppelten Kfz-Steuer entgehen.

Auch Datenbank von AUTO BILD als Quelle

Mini Cooper D
Der Volvo XC40 ist einer der größten Abweichler bei den Verbrauchsangaben – aber nicht der Spitzenreiter.
Der neue Bericht des ICCT basiert auf einer statistischen Auswertung von Daten für mehr als 1,3 Millionen Fahrzeuge aus acht europäischen Ländern. Unter den 15 Quellen ist auch die umfangreiche Testdatenbank von AUTO BILD (hier geht es zu den Testberichten). Seit der Einführung des neuen, genaueren WLTP-Testverfahrens (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) ist das öffentliche Interesse an Verbrauchswerten gestiegen, was nach Ansicht der ICCT-Forscher zu der Entwicklung beigetragen haben könnte. "Ein Grund könnte jedoch auch sein, dass die Hersteller ihre jeweiligen CO2-Zielwerte des Jahres 2015 erfüllt haben und derzeit nur wenig Druck von Seiten des Gesetzgebers verspüren, ihre CO2-Werte weiter zu drücken, da der nächste Zielwert erst wieder ab dem Jahr 2020 gilt," sagt Peter Mock, Geschäftsführer von ICCT in Europa.

EU verschärft CO2-Ziele weiter 

Inzwischen gibt es auf EU-Ebene sogar neue Ziele. Demnach müssen unter anderem die CO2-Emissionen neuer Pkw zwischen 2021 und 2030 um 37,5 Prozent sinken. "Der Gesetzgeber hat aus früheren Fehlern gelernt," kommentiert Mock. Er verweist zudem auf einen Passus der neuen Regulierung, wonach die Hersteller ab 2021 verpflichtet werden, den realen Kraftstoffverbrauch sowie die realen CO2-Emissionen ihrer Autos mittels Verbrauchsmessgeräten zu protokollieren. Diese Daten müssten sowohl Verbrauchern als auch Wissenschaftlern transparent zugänglich gemacht werden. Unehrliche Hersteller sollten zudem von der EU konsequent bestraft werden, forderte der ICCT-Europa-Geschäftsführer. Nur so könne die Abweichung zwischen offiziellen und realen Werten endlich wieder deutlich angesenkt werden."

Fragen und Antworten zum Test vom Spritverbrauch

Wie überprüfe ich, ob mein Auto zu viel verbraucht? Am besten, Sie beobachten den Spritverbrauch über längere Zeit. Nicht nur der persönliche Fahrstil, sondern auch Verkehrsdichte, Witterungsverhältnisse, Topografie, Reifen und der Wartungszustand des Autos spielen dabei eine Rolle. Für eine Messfahrt das Auto volltanken – und zwar randvoll, Luftblasen durch Wippen des Wagens "herausschütteln". Nach der Verbrauchsfahrt das Fahrzeug auf die gleiche Weise wieder volltanken. Den Verbrauch berechnen Sie, indem Sie die getankte Menge durch die gefahrenen Kilometer teilen und das Ganze mit 100 multiplizieren.
Wie misst AUTO BILD den Testverbrauch? Jeden der jährlich mehr als 700 Testwagen schicken wir auf eine 155 Kilometer lange Strecke. Die Testrunde führt 61 Kilometer über Landstraßen, enthält 40 Kilometer Stadt-Anteil und einen 54 Kilometer langen Autobahnabschnitt. Gefahren wird zügig, mit normaler Drehzahl, unter strikter Einhaltung der Tempolimits – auf einem 20 Kilometer langen freien Autobahnabschnitt aber auch mit Vollgas. Um den Spritverbrauch auf den Zehntelliter genau zu erfassen, tanken wir vor und nach der Testrunde jeweils randvoll und errechnen aus der beim zweiten Stopp getankten Menge den Schnitt.
Wenn mein neues Auto wirklich zu viel schluckt – kann ich es wieder zurückgeben? Ja, aber das ist nicht ganz einfach. Dazu muss ein erheblicher Mehrverbrauch von einem Sachverständigen bestätigt werden. Im Zweifel muss der Mehrverbrauch auf einem Prüfstand nach der geltenden EU-Richtlinie reproduzierbar sein. Die Faustregel des Bundesgerichtshofs: Bei einem gutachterlich festgestellten Mehrverbrauch von mindestens zehn Prozent gibt es Geld zurück.