Endlich ist HVO da: Seit dem 29. Mai kann der klimaschonende HVO-100-Diesel an Tankstellen in Deutschland verkauft und getankt werden. An den ersten Tankstellen ist der Öko-Diesel schon zu zapfen. Die nötige Verordnung wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Damit können die Fahrer von Bestandsautos an den Zapfsäulen mit HVO eine neue, klimafreundliche Spritsorte tanken – und ihren Diesel-Verbrenner zu 90 Prozent vom Ausstoß von CO2 befreien. Es geht um potenziell nicht wenige Kfz, die sauberer tanken könnten: Laut Kraftfahrt-Bundesamt sind in Deutschland gut 14 Millionen Autos, Lastwagen und andere Fahrzeuge mit Dieselmotor unterwegs.
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Als Dieselfahrer hat man nun die Wahl, ob man fossilen Diesel oder eben HVO tankt. Der neue Kraftstoff, der auch als XtL oder Klimadiesel bezeichnet wird, stammt aus gebrauchten Pflanzenölen, Fischresten und anderen organischen Abfallstoffen – und wurde unter Einbeziehung von Wasserstoff in einen brennbaren Kraftstoff umgewandelt.
Das macht ihn umweltfreundlich, denn HVO – also "Hydrotreated Vegetable Oil" (hydriertes Pflanzenöl) – entstammt nicht Millionen Jahre alten fossilen Lagerstätten, sondern wird aus Abfallstoffen biologisch erzeugter Fette und Öle produziert. Diese sind maximal ein paar Jahre alt, das Luft-CO2 wurde somit erst kürzlich von der Pflanze umgewandelt.
Da der Kraftstoff also erneuerbar ist, kann er – ähnlich wie vollsynthetische E-Fuels – älteren Verbrennern eine bessere Klimabilanz ermöglichen. So könnte der nahezu CO2-neutrale Sprit lange vor dem EU-Verbrenner-Aus im Jahr 2035 – das neuerdings von der Autoindustrie wieder in Zweifel gezogen wird – auch für junge wie alte Autos mit Verbrennungsmotor genutzt werden. Denn bis synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, die fossilen Treibstoffe ersetzen, dürften noch Jahre vergehen.
HVO So entsteht Klimadiesel
In einem aufwendigen Produktionsprozess werden Pflanzenreste und biologische Abfälle zu Klimadiesel verarbeitet.
Bild: eFUEL-TODAY

Was kostet HVO an deutschen Tankstellen?

Ein bundesweiter Durchschnittspreis kann laut ADAC noch nicht gebildet werden, weil bisher zu wenig Tankstellen den alternativen Diesel anbieten. Vielerorts, zum Beispiel im Raum Köln, gibt es keine Angebote. Insgesamt liegt der Preis derzeit zwischen fünf und acht Cent höher als beim Dieselkraftstoff (hier sind Infos zu aktuellen Spritpreisen). Der Preis sei noch ein Festpreis und könnte in Zukunft an den Dieselpreis gekoppelt werden, so Axel Niesing, Geschäftsführer der freien Tankstelle BfT Willer, auf AUTO BILD-Anfrage.

Das kostet HVO 100 in diesen Städten

Das kostet HVO 100 in diesen Städten
Berlin
1,73 Euro
Bonn
1,74 Euro
Bremen
1,83 Euro
Frankfurt
1,70 Euro
Hamburg
1,69 Euro
Hannover
1,72 Euro
Leipzig
1,89 Euro
Mülheim/Ruhr
1,68 Euro
München
1,69 Euro
Stuttgart
1,67 Euro
Bei der Tankstellenkette Classic ist der Preis für HVO 100 schon jetzt an den für konventionellen Diesel gekoppelt. Dort kostet er zehn Cent mehr, wie eine Classic-Sprecherin AUTO BILD mitteilte. Wegen der Kopplung an den Dieselpreis kann es zu täglichen Schwankungen kommen. Klimadiesel 25, der zu einem Drittel aus Pflanzenresten besteht, kostet bei Classic ab sechs Cent pro Liter mehr als Dieselkraftstoff.
Von Classic kommt auch eine Preisprognose: "Wir gehen davon aus, dass mit steigender Nachfrage Skaleneffekte im Bereich Produktion und Logistik entstehen und so die Preise sinken werden."

Wie viel HVO kommt an die Tankstellen?

Das ist bislang noch schwer zu sagen. Classic beispielsweise kann derzeit noch keine Aussagen zum Verkaufsvolumen treffen. Die Tankstellenkette geht aber davon aus, "dass durch die Zulassung und mit wachsender Bekanntheit des Kraftstoffs auch die Volumen zunehmen werden". Auf die Frage nach dem Anteil im Verhältnis zur Verkaufsmenge von Diesel gab es bislang keine Angaben.

Welche Norm hält der Sprit ein?

Der Biosprit erfüllt die Norm DIN EN 15940 für klassischen Dieselkraftstoff (paraffinischem Diesel). Auch Diesel mit einer erhöhten Beimischung von Biodiesel, sogenanntes B10, soll in Kürze angeboten werden.

Was sind die neuen XtL-Kraftstoffe wie HVO?

Die wichtigste Kennzeichnung der neuen Kraftstoffe ist XtL. Das steht für "X to Liquid", also für einen beliebigen, in Verbrennungsmotoren nutzbaren Ausgangsstoff, der verflüssigt als Energieträger eingesetzt wird. Es gibt zwei Verfahren, diese paraffinischen Kraftstoffe synthetisch herzustellen: das Fischer-Tropsch-Verfahren und die Nutzung hydrierter Pflanzenöle, woher auch der Name HVO stammt.
  1. Kraftstoffe, die nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren erzeugt werden, entstehen auf Basis eines Synthesegases, das eine Mischung aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff ist. Mithilfe dieses Gases produziert man unter Zugabe weiterer Stoffe eine brennbare Flüssigkeit. Wenn man Biomasse nutzt, heißt der Treibstoff Biomass-to-Liquid (BTL), bei Kohle Coal-to-Liquid (CTL), bei Erdgas Gas-to-Liquid (GTL).
  2. Wenn der Grundstoff für den Synthese-Diesel aus hydrierten Pflanzenölen besteht, benötigt man wiederum Wasserstoff. Er wird als Katalysator eingesetzt, um Pflanzenöle, die aus Biomasse oder auch Frittenfett gewonnen werden, in brennbare Kohlenwasserstoffe zu verwandeln. HVO kann in Reinform getankt werden – oder alternativ als Beimischung zu fossilem Diesel, um ihn zu "strecken". Bei einer Beimischung von 33 Prozent heißt der Stoff dann beispielsweise Klimadiesel 25 (der CO2-Aufwand bei der Produktion wird dabei berücksichtigt) oder auch HVO 100 bzw. Klimadiesel 90. Zeitweise existierte auch die Bezeichnung "C.A.R.E. Diesel" – hierbei handelt es sich um eine Eigenmarke des weltgrößten Produzenten Neste aus Finnland. Inzwischen hat Neste das Produkt umbenannt in "My Renewable Diesel". Der Energiekonzern Shell bietet Geschäftskunden HVO bereits als Renewable Diesel an.
HVO Klimadiesel an Classic-Tankstelle in Hoya
Schon jetzt kann man vereinzelt CO2-reduzierte Kraftstoffe tanken, wie bei der Tankstellenkette Classic.
Bild: Matthias Brügge / AUTO BILD
Verbände aus Transport und Logistik haben sich dafür ausgesprochen, dass auf CO2-arme Kraftstoffe wie HVO 100 eine deutlich geringere Energiesteuer erhoben werden sollte als auf Mineralöl-Kraftstoffe. In der Herstellung kostet HVO 100 gegenüber mineralischem Diesel rund 0,15 Euro mehr pro Liter. Eine Entlastung gibt es auch: Von der CO2-Abgabe ist HVO ausgenommen.

Was den Preis von HVO beeinflusst

HVO ist von der CO2-Abgabe befreit, das ist die gute Nachricht für Autofahrer. Aber der Ökodiesel wird auf Sicht teurer bleiben als fossiler Diesel, es sei denn der CO2-Preis klettert wie bereits befürchtet. Dann könnte günstig hergestelltes HVO trotz hohem Energieeinsatz günstiger sein – und bei großen Produktionsmengen dank Skaleneffekten günstiger werden. Aber: HVO ist im Verhältnis zu Diesel auf dem Weltmarkt bisher nur in geringen Mengen verfügbar. Allein 2023 wurden in Deutschland 33 Millionen Tonnen Diesel verbraucht. "Das übertrifft das globale Angebot an HVO um über 13 Millionen Tonnen. Es kann Diesel also nach aktuellem Stand nicht ersetzen," sagt Hagen Reiners vom Marktbeobachter Argus Media. Und in Zukunft? Laut Prognosen von Argus Media werden die Produktionskapazitäten weltweit zwar erweitert, doch ab 2026 flacht die Wachstumskurve merklich ab, um 2028 zu verharren. Es sei denn, Unternehmen investieren in mehr HVO-Produktion. Dafür spricht die steigende Nachfrage: Flottenbetreiber, insbesondere Speditionen, haben ein starkes Interesse an der HVO-Nutzung, um ihre CO2-Bilanz zu verbessern. Und demnächst müssen Fluggesellschaften dem Kerosin SAF beimischen, was ebenso wie HVO aus Altspeiseölen stammt. Die EU hat hier kürzlich eine Quote von zwei Prozent ab 2025 beschlossen, ab 2050 sollen es bereits 70 Prozent sein. Eine wachsende Nachfrage könnte den Preis also ebenfalls beeinflussen.

Welche Automodelle können Ökodiesel tanken?

"Moderne Dieselmotoren sind grundsätzlich dafür geeignet", sagt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). In einer Erklärung von ADAC, der Energie-Branchenverband Uniti, dem Kfz-Gewerbe, den Logistikverbänden und einigen Lkw-Herstellern heißt es: "Es bedarf keiner technischen Anpassungen oder Umrüstungen der Fahrzeuge oder des flächendeckenden Tankstellennetzes." Der ADAC weist allerdings darauf hin, dass die Freigabe von Kraftstoff für einen Motor grundsätzlich beim Fahrzeughersteller liege.
So haben Peugeot und Citroën alle Fahrzeuge der Emissionsklassen Euro 5 und Euro 6 für die Betankung mit HVO und weiteren paraffinischen Kraftstoffen freigegeben.
Audi hat alle V6-Diesel bis 286 PS freigegeben, die seit Mitte Februar 2022 produziert wurden. Außerdem dürfen alle Vierzylinder seit Juni 2021 in den Baureihen A3, Q2 und Q3 mit dem Ökodiesel betankt werden. Zu Automodellen, die vor 2015 gebaut wurden (also auch Youngtimern), möchte Audi keine Aussage treffen.
BMW hat sämtliche Dieselmodelle, also auch ältere Baureihen, freigegeben. Das betrifft auch Cupra. Toyota gibt ab 2023 alle Diesel in neuen Land Cruiser und Hilux frei. Proace-Modelle sind bereits heute freigegeben. Keine Freigabe gibt es für Fahrzeuge mit Motoren des GM-Konzerns. Renault und Dacia erlaubt die Betankung aller Fahrzeuge ab Abgasnorm EU6d mit B7- und B10-Diesel. Nissan gibt alle Dieselmodelle ab Euro 6 für Ökodiesel aller Art frei.
VW erlaubt die Betankung aller Dieselautos ab Produktion Mitte 2021 mit dem neuen Ökodiesel. Darüber hinaus dürfen sämtliche Touareg mit V6-Diesel zwischen 231 und 286 PS den alternativen Sprit tanken. Seat und Skoda erlauben die Betankung aller Modelle mit der Motorenfamilie EA288 evo ab Produktion KW25/2021. Das Tanken ist für sämtliche Vierzylinder-TDI von VW ab 06/2021 unbedenklich. Eine aktuelle Liste mit den Freigaben gibt es beim DAT.

Wo kann ich HVO tanken?

Vermutlich wird HVO schrittweise eingeführt, zunächst an einigen Tankstellen, später an mehreren, so eine Stellungnahme des Tankstellenbetreibers BfT. Nicht an jeder Tankstelle werde der neue Kraftstoff verfügbar sein, "sondern nach und nach erst flächendeckend angeboten werden", erwartet auch ADAC. Wer wissen will, wo es den Klimakraftstoff gibt, findet Tankstellen auf dieser Karte.
Der Hintergrund ist auch ein technischer, denn es ist kaum damit zu rechnen, dass Tankstellen für HVO neue Zapfsäulen installieren. Stattdessen könnten bestehende Säulen umgewidmet werden für HVO. So argumentiert BfT, es wäre zu begrüßen, wenn Benzin E5 nicht mehr von den Tankstellen vorgehalten werden müsse: "Damit wäre der Platz frei für HVO."
Schon jetzt kann man die ersten HVO-Produkte regional tanken. So bietet die deutsche Tankstellenkette Classic das Produkt KlimaDiesel 25 an, das zu 33 Prozent aus altem Pflanzenöl besteht und laut Hersteller bis zu 25 Prozent CO2-Emissionen einspart. KlimaDiesel 25 unterliegt denselben DIN-Vorgaben wie Diesel aus Mineralöl und kann daher ohne Freigabe genutzt werden.
HVO Klimadiesel an Classic-Tankstelle in Hoya
Der geruchlose Klimadiesel HVO 100 soll im Mai 2024 an vielen Tankstellen erhältlich sein. Im niedersächsischen Hoya kann man schon Klimadiesel 25 und Klimadiesel 90, also eine Mischung mit Biodiesel, tanken – allerdings nur, wenn man einem Club beitritt.
Bild: Matthias Brügge / AUTO BILD
Bisher durfte HVO 100 nur in geschlossenen Systemen angeboten werden. Wer einem entsprechenden Nutzerkreis angehört, kann auch als Privatkunde an einigen der HVO-Tankstellen den neuen Sprit bereits zum Beispiel an sechs Filialen der deutschen Marke Classic (überwiegend in Westfalen) tanken. Dazu müssen sie formell einem Club von Classic beitreten und die Unbedenklichkeit des Sprits für ihren Motor bescheinigen. Das ändert sich mit der allgemeinen Freigabe.
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Neben Classic hat auch der schleswig-holsteinische Tankstellenbetreiber bft Willer "KlimaDiesel 90" im Angebot, der zu 90 Prozent CO2-neutral ist. Er besteht zu 100 Prozent aus aufbereiteten Pflanzenöl-Abfällen, CO2 wurde lediglich bei der Verarbeitung und beim Transport freigesetzt. Der Kraftstoff enthält kein Palmfett. Hier liegt der Preis bislang 18 Cent pro Liter über dem des konventionellen Dieselkraftstoffs.
Kraftstoffe
Eine eigene Zapfsäule für den Diesel ohne Erdöl-Anteil: Bei bft Willer in Kiel kann man HVO tanken.
Bild: Anton Willer GmbH & Co. KG
Zu den bislang geschlossenen Zirkeln der HVO-Nutzer gehören zum Beispiel Firmenfuhrparks. So tankt unter anderem der Flughafen Hamburg für seine Flotte von Flugfeld-Fahrzeugen den Recycling-Diesel "My Renewable". Den stellt Neste aus Finnland her, weltweit größter Produzent von Recycling-Diesel.

Wird HVO auf Sicht für alle reichen?

Damit ist leider nicht zu rechnen. Neben der räumlichen Einschränkung sind auch die produzierten Mengen zurzeit nicht absehbar. So bemängelte zuletzt der EU-Rechnungshof, es gebe noch keine tragfähige Lösung für alternative Kraftstoffe. Es sei nicht zu erwarten, dass sie flächendeckend verfügbar sind, so die EU-Prüfer. "Biokraftstoffe stellen keine zuverlässige und glaubwürdige Alternative für Autos dar", sagte ein Sprecher. Auch reiche die in Europa produzierte Biomasse nicht aus. Wenn es für alternative Kraftstoffen Importe brauche, mache sich die EU weiter von anderen Ländern abhängig. Darüber hinaus hält der EU-Rechnungshof Biokraftstoffe derzeit für zu teuer.
So sehen weltweiten Produktionskapazitäten für HVO aus. Ab 2026 wächst der Hersteller-Markt nur noch geringfügig (Produktionskapazitäten in -tausend, also 2028 mehr als 30 Mio. Tonnen.
Bild: Argus Media
Auch das Umweltministerium in Berlin mahnt, dass es nur eine begrenzte Menge gebe. Altspeiseöle – beispielsweise aus der Gastronomie – würden bereits heute als Beimischung vollständig im Verkehr eingesetzt, sagte ein Sprecher. Diese Menge könne nicht gesteigert werden.

Was ist der Unterschied zwischen HVO und Biodiesel B10?

Neben HVO soll ab Mai auch Biodiesel B10 an die Tankstellen kommen, bei dem der Anteil an Biodiesel aus Pflanzenresten anders als beim aktuellen Diesel B7 auf 10 Prozent erhöht wird. Gegenüber dem Biodiesel, der vor mehr als zehn Jahren als eigene Spritmarke an den Tankstellen verschwand, entsteht alternativer Diesel nicht aus Rohstoffen wie zum Beispiel Rapsöl, sondern aus Abfällen.
Es wird kein Pflanzenöl oder Getreide für den Kraftstoff umgewandelt, also entfällt die Konkurrenz zu Lebensmitteln. Nach Darstellung von Classic verbrennt der Recycling-Kraftstoff sogar sauberer als herkömmlicher Diesel. In vielen Ländern Europas wird das Verfahren schon seit längerer Zeit praktiziert.
Wichtig: HVO und andere alternative Dieselkraftstoffe sind kein Biodiesel im früheren Sinn. Bis 2012 wurde pflanzenbasierter Sprit, oft aus Rapsöl produziert, als eigene Kraftstoffsorte namens Biodiesel an Tankstellen angeboten, der bis zu zehn Cent günstiger war als konventioneller Diesel. Dann verlor er sein Steuerprivileg und verschwand.

Wie läuft der AUTO BILD KLASSIK-Testwagen mit HVO?

Seit Ende 2023 betankt AUTO BILD KLASSIK seinen Dauertest-Klassiker, einen Citroën XM Turbodiesel (Baujahr 1990) der über 100.000 km Laufleistung hat, ausschließlich mit HVO. Die anfänglichen Startprobleme beim Citroën XM rührten nicht vom Kraftstoff her. Doch auch mit herkömmlichem Sprit blieben die Schwierigkeiten.
DT Citroen XM turbo D12_Anfang_E-Fuels  HVO-Betankung
Der Kraftstoff HVO sieht äußerlich unauffällig aus. Er ist technisch höherwertiger als Diesel, weil er – als synthetischer Kraftstoff – keinerlei Aromate und andere Nebenprodukte enthält.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Es wurden zwischenzeitlich zwei Tankfüllungen mit herkömmlichem Diesel verfahren, um Unterschiede zu entdecken. Mit dem Ergebnis, dass sich nichts änderte. Das bestätigt die Einschätzung vieler Fachleute: Der alternative Sprit kann ohne großen Aufwand in bereits bestehenden Motoren genutzt und auch über das aktuelle Tankstellennetz vertrieben werden.

Was muss man vor dem Tanken von HVO beachten?

Auf jeden Fall auf die Innenseite der Tankklappe schauen: Findet sich dort ein kleines Quadrat mit den drei Buchstaben "XTL", verträgt der Motor HVO. Bei älteren Fahrzeugen sollte man vor der Umstellung prüfen, ob im Kraftstoffsystem sämtliche Leitungen, Schläuche und Dichtungen aus Gummi in einem technisch tadellosen Zustand sind.
Hintergrund: Konventioneller Diesel enthält Aromate, die die kraftstoffführende Komponenten geschmeidig und somit dicht halten. In HVO stecken keine Aromate. Wird ein Aggregat mit porösen, gerade noch dichten Schläuchen von Diesel auf HVO umgestellt, besteht die Gefahr, dass die alten Schläuche rasch undicht werden.
DT Citroen XM turbo D12_Anfang_E-Fuels  HVO-Betankung
Der Dauertest-Citroën von AUTO BILD KLASSIK wird nur noch mit HVO 100 betankt – "XTL" ist eine weitere gängige Bezeichnung, wie hier auf der Zapfpistole zu lesen ist.
Bild: Sven Krieger / AUTO BILD
Dies betrifft jedoch nur Materialien aus Gummi. Derart verschlissene Gummileitungen würden auch im Dieselbetrieb irgendwann undicht werden. Durch einen Tausch bzw. eine Kontrolle dieser Komponenten (meist günstige Meterware) vor der HVO-Erstbetankung besteht auch bei sehr alten Dieselmotoren kein technisches Risiko für den Betrieb mit HVO. 
Nun sind die Hersteller gefordert, neue Fahrzeuge für die Verwendung von paraffiniertem Diesel auszulegen und die Verträglichkeit bei älteren Modellen zu prüfen.

Verhält sich HVO im Motor anders als Diesel?

Grundsätzlich ist HVO so gut wie Diesel, im technischen Sinn sogar höherwertiger. HVO 100 ist frei von Aromaten und daher geruchlos, wovon sich einer der Autoren dieses Artikels beim Riechen an einem Fläschchen selbst überzeugen konnte. Beim Verbrennen ist die Flüssigkeit annähernd rauch- wie geruchlos. Durch seine höhere Cetanzahl von 74 gegenüber rund 54 bei fossilem Mineralöldiesel beeinflusst HVO 100 das Verbrennungsverhalten im Motor positiv.
Egal ob bei einem Vorkammertraktor aus den 50er-Jahren oder einem modernen Common-Rail-Diesel mit Abgasrückführung, Turbolader und Partikelfilter. Dass hierbei rund 30 Prozent weniger Stickoxide und Feinstaub anfallen, ist nicht nur aus Umweltschutzgründen positiv: Auch der Verschleiß von Bauteilen wie etwa Partikelfilter und Abgasrückführungsventilen ist geringer.
Die Besonderheit von HVO ist außerdem seine Resistenz gegen die sogenannte Dieselpest, welche bei längeren Standzeiten entstehen kann und das Kraftstoffsystem verschmutzt. Also insbesondere für Klassiker, die lange stehen, bietet dieser Kraftstoff Vorteile. HVO verbrennt deutlich sauberer als Bio- oder Mineralöldiesel. Anders als Biodiesel ist HVO laut Hersteller auch in Reinform gut materialverträglich und fügt den Dichtmaterialien im Motor keinen Schaden zu.

Wie gut vertragen Autos alternative Kraftstoffe?

Im ADAC-Test wurden mehrere Fahrzeuge über längere Zeit mit alternativen Kraftstoffen betankt, darunter ein VW Golf 8 mit E-Fuels. Außerdem wurden ein BMW 320d und ein VW Touran TDI mit HVO betrieben. Ergebnis: Beim Öko-Diesel sank der Stickstoff-Ausstoß um rund 40 Prozent. Aufgrund der niedrigeren Energiedichte von HVO nahm der Verbrauch der beiden Selbstzünder zwar leicht zu, die CO2-Emission blieb aber unterm Strich gleich.
VW Touareg (Typ CR)
VW Touareg mit V6-Diesel der Leistungsstufe 231 bis 286 PS dürfen bereits heute den neuen Ökodiesel tanken.
Bild: Lena Willgalis / AUTO BILD
Der ADAC folgert aus dem Ergebnis, dass schon heute viele Fahrzeuge E-Fuels tanken könnten – und HVO. Der wichtige Unterschied zwischen HVO und E-Diesel: Die Standard-Dieselnorm EN 590 wird nicht erfüllt, sondern lediglich die DIN EN 15940. Den Sprit vertragen also nicht alle Dieselmodelle. Bei vielen Herstellern fehle noch die Freigabe, moniert der ADAC. "Die Kraftstoffe funktionieren einwandfrei, sofern die Modelle für den jeweiligen Sprit freigegeben sind."

Japanische Allianz für Biodiesel- und Wasserstoffmotoren

Die japanische Allianz für Biokraftstoffe aus Mazda, Toyota, Subaru sowie Kawasaki und Yamaha ist weiterhin dabei, die Verbrennungsmotorne zu optimieren, sie arbeitet künftig gemeinsam an Biodiesel- und Wasserstoffmotoren. Ziel ist die Senkung der CO2-Emissionen durch klimaneutrales Autofahren.
Die Japaner sehen großes Potenzial in der Optimierung von Verbrennungsmotoren, um ihre Klimabilanz zu verbessern. Ein wichtiger Schlüssel dazu sind CO2-neutrale Kraftstoffe.
Matthias Brügge

Kommentar

Diesel aus erneuerbarer, fossilfreier Quelle kommt endlich! Das ist eine gute Nachricht, denn damit kann man den CO2-Abdruck seines Verbrenners um 90 Prozent reduzieren. Das ist besser als fossile Kraftstoffe zu verbrennen. Ein Aufpreis von bis zu 20 Cent pro Liter ist happig, aber dem hohen Aufwand bei der Produktion geschuldet. Bald kann jeder an der Tanksäule beweisen, wie viel ihm das grüne Gewissen wert ist. Auch wer nur ab und zu HVO tankt, senkt den Ausstoß an Klimagas.