Wer mit einem Mittelklassewagen liebäugelt, entscheidet sich vielfach für den praktischen Kombi anstatt die elegante Limousine. Die Hauptargumente beim Kauf: mehr Platz, hohe Variabilität, besserer Nutzwert. Welcher Hersteller das beste Gesamtpaket bietet, dazu existieren etliche Tests in verschiedensten Automobilblättern. Meist ganz vorn dabei: der VW Passat Variant. Doch kann er auch den Otto- Normal-Verbraucher überzeugen? Wir schicken die zehn beliebtesten Vertreter- und Familienwagen ins Rennen beim diesjährigen ZF-Praxistest. Ein Jury aus zwanzig AUTO TEST-Lesern testet die Modelle und vergibt in Anschluss in 25 Kategorien Punkte von eins bis zehn.

Tag 1: Welcher Hersteller kommt am besten an?

ZF-Praxistest 2015 Leserjury
Die Leserjury: Jedes Test-Duo stellt ganz unterschiedliche Bedürfnisse an die Kombis.
Los geht’s mit der statischen Bewertung, bei der die Zweierteams Rücksitze klappen, Kofferräume mustern, sich durch Navi und Multimediamenüs touchen, Oberflächen fühlen und Ablagefächer auslitern. Tim Ludwig und sein Vater Volker sind gerade vom Mercedes in den ihnen unbekannten Hyundai umgestiegen. Noch schwärmend von der C-Klasse, in der man sich "fühlt wie in einem kleinen Schloss", zeigen sie sich positiv überrascht von der Qualitätsanmutung im i40, zücken den Kugelschreiber und vergeben just acht Punkte. Auch Johannes Tappert, der mit Partnerin Frauke angereist ist, stimmt für den Koreaner: "Die ersten Hyundais, die nach Deutschland kamen, waren gruselig. Von dem hier bin ich beeindruckt. Das Raumgefühl ist toll, die Bedienung selbsterklärend, und die Sitze sind bequem." Dagegen enttäuscht der zweite Asiat im Kader: Der Mazda missfällt mit unbequemem Einstieg und tiefer Sitzfläche im Fond, wodurch die Beine nicht genug Auflage finden.
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Das Design ist ein wichtiges Kaufkriterium

ZF-Praxistest 2015 Leserjury
Die Lesertester machen den Koffertest im A4. Ergebnis: wenig zufriedenstellend – nur drei Punkte.
Deutlich komfortabler fühlt sich die Jury im Passat aufgehoben, der als "schöne große Familienkutsche" Punkte beim 51-jährigen Volker sammelt, aber mit seinem "altmodischen Interieur" beim Sohnemann nicht landen kann. Auch Dennis Sniezyk und Freundin Sabrina gefällt das "Opimäßige Cockpit mit den langen Lüftungsdüsen, Analoguhr und Holzoptik" nicht. Design ist nun mal ein wichtiges Kaufkriterium, wie auch die Nolte-Brüder bestätigen: "Die Frage ist, ob man morgens lieber zum Skoda oder zum Volvo geht. Beim V60 bezahlt man den Style, nicht den Platz auf der Rücksitzbank", sagt Lukas, während sich Tobias mühselig in den Fond quetscht und feststellt, dass dieser nur für Kinder taugt. Ganz bewusst für den Superb in der Garage haben sich Arne und Sabine Hinrichsen entschieden, die öfter mal zu fünft im Auto reisen. Dann müssen hinten zwei Erwachsene neben einem Kindersitz Platz haben – und dafür ist der große Skoda genau der Richtige. "Noch dazu ist die Bedienung nicht so verspielt wie im Mazda, sondern klar und übersichtlich", lobt Arne. So bekommt der Superb im Schnitt 8,2 Punkte für die Bedienung und unschlagbare 9,6 Punkte fürs Raumgefühl. Audi A4 Avant und BMW 3er Touring landen im Karosseriekapitel nur im hinteren Mittelfeld, was vor allem am beengten Fond, den wenigen Ablagen und dem kleinen Laderaum liegt. Ihre Stärken warten eben woanders: auf der Strecke. Und hierhin führt es die Leserjury an Tag zwei.

Tag 2:  Die Testfahrten beginnen

ZF-Praxistest 2015
Ziel des dynamischen Tests ist, herauszufinden, wie sich die Kombis unter Alltagsbedingungen verhalten.
Schon um 8 Uhr in der Früh geht es vom Hotel zum zehn Kilometer entfernten Fahrsicherheitszentrum in Schlüsselfeld, wo nach einem kurzen Briefing durch das AUTO TEST-Team die Testfahrten beginnen. Die 22 Kilometer lange Strecke durch den Steigerwald führt über Bundesstraßen, durch kleine Ortschaften, über wenig befahrene Nebenstrecken, beinhaltet Bergauf- und Bergabpassagen sowie unterschiedliche Straßenbeläge – ideale Bedingungen, um die Alltagstauglichkeit der Diesel-Kombis zu testen. Deren Leistungsspektrum reicht von 141 bis 190 PS, wobei uns die Hersteller leider nicht alle Modelle mit Handschaltung zur Verfügung stellen konnten. So kommen viele Leser erstmals in den Genuss eines Automatikgetriebes, wobei jenes im BMW Bestwerte einfährt. Genau so gut gefällt die knackige, manuelle Sechsgangbox im Audi, der obendrein mit seinem kräftigen, elastischen 2.0 TDI und der präzisen Lenkung reichlich Punkte sammelt. Der Antrieb im Mercedes C 220 d kann hier nicht mithalten. "Der Motor spricht verzögert an, verschluckt sich beim Durchtreten des Gaspedals", hören wir von mehreren Seiten, doch die Federung sei 1a. Hier kommt kein anderer Mittelklässler ran – schon gar nicht der Ford Mondeo, von dem sich die meisten Leser mehr versprochen haben. Dennis Sniezyk spürt Unebenheiten deutlich im Kreuz, und auch Johannes Tappert bemängelt das "ruppige Fahrwerk, vor allem auf schlechter Straße". Kaum besser zeigt sich der Insignia Sports Tourer in Fahrt. Nach einem langen Geradeausstück lenkt Max Recke in eine 90-Grad-Linkskurve ein, bevor eine lange Steigung folgt. Unter lautem Turbopfeifen prügelt er den Opel den Berg hinauf, doch mit der "emotionslosen Beschleunigung und dem schwerfälligen, schwammigen Fahrverhalten" kann der Rüsselsheimer den 24-Jährigen und seine Freundin Jessica nicht beeindrucken. Die sieben Punkte, die sie der Zweiliter-Maschine mit 170 PS attestieren, spiegeln in etwa den Durchschnitt wider.Keine Aktion verpassen: Mit den kostenlosen Newslettern von autobild.de behalten Sie den Überblick über unsere Aktionen und Gewinnspiele. Erhalten Sie zudem regelmäßig die wichtigsten Neuigkeiten rund ums Auto per E-Mail.
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Tag 3: ESP-Einsatz erwünscht

Welcher Kombi schafft es aufs Treppchen?
Der 175 PS starke Diesel des Mazda6 überzeugt mit spontanem Antritt und druckvoller Beschleunigung.
Arne Hinrichsen setzt einen Tag später beim Test auf dem Handlingkurs sogar noch einen drauf: "Der Mazda liegt satt auf der Straße, sogar besser als der A4. Man kann mit ihm prima zügig um Kurven fahren und hat nie ein unsicheres Gefühl. Das Auto macht einfach riesig Spaß. Ich bin beeindruckt, denn den hatte ich so gar nicht auf dem Zettel." So kommt der Japaner mit seiner sportlichen Ader fast an den Volvo heran, der Kurve für Kurve seine hohe Agilität und das tadellose Handling unter Beweis stellt. Jeweils drei Runden fahren die Teams mit jedem Auto – unter Anleitung von Rennexperte Guido Naumann, der im Audi TT S das Tempo vorgibt und erklärt, wie man sich Stück für Stück in den Grenzbereich vortastet. Natürlich soll niemand im Kiesbett landen, aber ESP-Einsatz ist durchaus erwünscht. Und das greift beim Ford Mondeo stark ein. Als ob es nicht schon reicht, dass er bei der Testfahrt durch den Steigerwald negativ aufgefallen ist, bekommt er nun noch mal eins auf den Deckel: "Zu schwammig, relativ weich abgestimmt, etwas behäbig, ohne Rückmeldung, schlechter Seitenhalt in Kurven", lautet das Fazit der Jury. So landet der Kölner insgesamt auf dem vorletzten Platz – ein schlechteres Gesamtpaket schickt nur noch Opel ins Rennen.

Gute Chancen für Audi, BMW und Mercedes?

Dynamik ist eben nicht des Opels Stärke und auch nichts, womit der Skoda protzen kann, doch der punktet mit deutlich besserer Traktion als der Insignia. Straff, aber stabil schlängelt sich der Superb durch die Kurven, dürfte aber insgesamt etwas weicher abgestimmt sein. Die komfortable Federung des Insignia hat Tim Ludwig besser gefallen. Als jüngster Teilnehmer mit entsprechend wenig Fahrpraxis geht der 19-Jährige völlig unvoreingenommen an die Bewertung, lotet alles bis ins Kleinste aus und hat am Ende die C-Klasse weit vorn auf der Rechnung. Überhaupt stellt er den deutschen Herstellern Audi, BMW und Mercedes ein gutes bis sehr gutes Zeugnis aus. Im Handling bauen die drei Premiummarken – wir verwenden diesen Begriff nicht gern, aber schon der Preis sagt nun mal, dass es so ist – ihren Vorsprung aus der Onroad-Bewertung weiter aus. Keiner ist agiler als der BMW, keiner bietet bessere Traktion und keiner ein sportlicheres Fahrverhalten. Ergo schneidet keiner in diesem Kapitel besser ab als der 3er Touring, der im Schnitt über neun Punkte erzielt. Mercedes und Audi müssen sich mit 8,8 beziehungsweise 8,7 Punkten begnügen. Offensichtlich führt in der Mittelklasse also kein Weg vorbei an diesen drei "Sportlern". Oder doch?

Er bietet alles, was man von einem Mittelklasse-Kombi erwartet

ZF-Praxistest 2015 Audi A4
Der A4 überzeugt mit sportlichem Fahrverhalten und beachtlicher Traktion.
Weil diese drei Hersteller Fahrdynamik und Design vor Praxisnutzen stellen und sich zudem durch das klägliche Preis-Leistungs-Verhältnis ins Aus befördern, können sie am Ende so wenig gewinnen wie der Volvo. Andere Marken wiederum versuchen, Platz, sportliche Fahrleistungen und Komfort unter ein Dach zu bekommen, scheitern aber, weil es nur halbgar wirkt. So hätte der begehrte Mazda6 mit besseren Werten im Karosseriekapitel zumindest dem BMW 3er Touring und Audi A4 Avant gefährlich werden können. Doch an den Passat Variant reichen alle nicht her an. Er gewinnt, wie viele Jurymitglieder und wohl auch etliche Leser dieser Zeilen schon zu Beginn vermutet haben, und verweist den Konzernbruder Superb Combi mit 0,4 Punkten Rückstand auf Platz zwei. Zwar stand der Skoda lange hoch im Kurs, doch der VW setzt sich mit dem vertrauten Cockpit, der bewährten Anordnung der Bedienelemente, reichlich Platz in zweiter Reihe, riesigem Kofferraum und hoher Variabilität vom Tschechen ab. Noch dazu überzeugt der VW die Jury mit ausgereiften Fahreigenschaften: Die laufruhige, kräftige Zweiliter-Maschine, die sichere Straßenlage und das leicht beherrschbare Handling trotz seiner Größe gefallen. Vor allem ist er mit einem Basispreis von 31.575 Euro für den 150-PS-Diesel bezahlbar und bietet alles, was man von einem Mittelklasse-Kombi erwartet.

AUTO TEST Leser-Fazit

ZF-Praxistest VW Passat
Der VW Passat Variant setzt sich am Ende durch und wird Gewinner des ZF-Praxistest 2015.
Professionelle Autotester hat der VW Passat Variant längst überzeugt, nun schafft er es auch beim Lesertest ganz hoch aufs Treppchen. Er bekommt Topwerte in der statischen Bewertung und gefällt mit guten, wenn auch nicht herausragenden Fahrleistungen. Diese bleiben den teuren Modellen von BMW, Mercedes und Audi vorbehalten, die jedoch im Karosseriekapitel wertvolle Punkte liegen lassen und letztlich kein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Als stärkster Konkurrent für den 3er Touring hat sich neben dem A4 Avant der Mazda6 Kombi herauskristallisiert, der auf Platz sechs landet. Er hat vor allem durch seine sportliche Abstimmung, den starken Motor sowie den höchsten Kaufanreiz beeindruckt. Nur knapp dahinter reiht sich der Volvo V60 ein, der mit Emotionen, Style und Dynamik punktet, dem aber Platz und eine intuitive Bedienung fehlen. In diesen Disziplinen konnte der Hyundai i40 den Schweden übertrumpfen, doch am Ende muss ihn der komfortable Koreaner aufgrund zu weicher Fahrwerksabstimmung ziehen lassen. Das gleiche Schicksal ereilt auch Ford Mondeo und Opel Insignia Sports Tourer, wobei ein verwirrendes Multimediasystem und mangelnde Übersichtlichkeit erschwerend hinzukommen. Der Einzige, der den Passat fast noch abgefangen hätte, ist der Superb Combi, dem letztlich jedoch etwas Feinschliff und Perfektion zum Sieg gefehlt haben.
Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es in AUTO TEST 8/2015 oder als Download im Online-Heftarchiv.

Fazit

von

AUTO BILD
Der Skoda Octavia liegt in der Gunst der Leserjury ganz vorn – vor allem dank des souveränen Antriebs und des hervorragenden Nutzwertes. Zudem bietet er das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Seine Konzernbrüder Audi A3 und VW Golf landen ebenfalls auf dem Treppchen, der Seat Leon nur einen Wimpernschlag dahinter. Entsprechend der Markenausrichtung weisen die Modelle kleine Unterschiede im Fahrverhalten, Raumangebot und Image auf. Auf Platz fünf fährt die Mercedes A-Klasse, die den BMW 1er mit besserer Qualität und ansprechenderem Design knapp schlägt. Beide punkten mit Fahrdynamik, schwächeln aber beim Platzangebot hinten und beim Raumgefühl. Hyundai i30, Opel Astra und Ford Focus werfen in erster Linie die durchzugsschwächeren Motoren zurück, wobei beim Focus erschwerend die komplizierte Bedienung und die billig wirkende Innenraumgestaltung hinzukommen. Schlechter schneidet nur noch der Honda Civic ab – und zwar mit Abstand. Grund sind sein zäher Antrieb, das unübersichtliche Cockpit und ein unruhiges Fahrverhalten.