Vergangene Woche ist ein Bericht über die verschiedenen Portierungen von PC- und Konsolenspielen aufs iPhone auf Mobilegamer.biz erschienen, in dem der Branchenexperte (und Gründer von Mobilegamer.biz) Neil Long ein vernichtendes Urteil fällt: „Die Ports von Assassin’s Creed, Resident Evil und Death Stranding sind gefloppt“. Was ist passiert?
Long hat sich für seine Analyse die Zahlen zweier Marktforschungsunternehmen angesehen, die sich auf App-Downloads spezialisieren, Appfigures und Appmagic. Beide zeichnen kein besonders optimistisches Bild für die Spiele von Ubisoft, Capcom und Death Stranding, die Apple in verschiedenen Keynotes beworben hat.
Resident Evil Village (hier im Test), das im Herbst 2023 für iPhone erschienen ist, soll seitdem Schätzungen zufolge 420.000 US-Dollar Umsatz gemacht haben, Death Stranding 348.000 US-Dollar seit Ende Januar 2024 und Resident Evil 4 347.000 US-Dollar seit Anfang Februar – die 30 Prozent Kommission, die Apple im App Store verlangt, nicht einberechnet.
![Triple A ist nach wie vor selten auf Mobile, umso mehr Wow-Faktor hat es, Meisterwerke auf dem iPad zu genießen, in der Schauspieler via Laser-Scan fotorealistisch in Spiele gebeamt werden.](https://cdn.statically.io/img/b2c-contenthub.com/wp-content/uploads/2024/04/DeathStranding2_10.jpg?quality=50&strip=all&w=1200)
IDG
Kluft zwischen traditionellen und Mobile Gamern
Andrei Zubov, Head of Content bei Appmagic, den Long in seinem Bericht zitiert, sieht eine Kluft zwischen typischen Handyspielen und vollwertigen Spielen („premium games“, wie er sie nennt). Große, teure Ports kommen bei typischen Mobile Gamern nicht an, da die Spiele deutlich mehr kosten, als Spielerinnen und Spieler im Durchschnitt für Handyspiele ausgeben. Die umsatzstärksten „Premium Games“, so Zubov, sind in der Regel kleine Indie-Spiele, die zwischen 5 und 10 US-Dollar (oder Euro) kosten.
Ein Blick auf Assassin’s Creed, das einzige Franchise mit einem Handyspiel und einem klassischen Konsolenspiel im App Store, zeigt: Das 2018 erschienene Mobile Game Assassin’s Creed Rebellion hat zum Launch 1,9 Millionen Downloads und fast 1 Million US-Dollar Umsatz erreicht, Assassin’s Creed Mirage von Juni 2024 im selben Zeitraum nur 123.000 Downloads und 138.000 US-Dollar Umsatz. Kein guter Anblick.
Randy Nelson von Appfigures stimmt Zubov zu. Seiner Einschätzung nach endet die Kauflust von iPhone-Nutzerinnen und -Nutzern abrupt, wenn sie Mirage kostenlos herunterladen und dann mit einem 50 Euro In-App-Kauf konfrontiert werden, um das komplette Spiel freizuschalten. Sind Ports wie Resident Evil, Death Stranding und Mirage also vergebliche Liebesmüh? Mitnichten. Sie sind einfach nur die ersten Schritte auf neuem Terrain.
![WWDC 2024 Federighi Games](https://cdn.statically.io/img/b2c-contenthub.com/wp-content/uploads/2024/07/wwdc_2024_federighi_games.jpg?quality=50&strip=all&w=1200)
Apple
Gut Ding will Weile haben
Große Spiele explizit auf dem iPhone sind nebensächlich, vielmehr geht es ums große Ganze. Der Vorteil an Apples Plattformen liegt nicht im iPhone, im iPad oder im Mac allein, sondern darin, dass in jedem dieser Geräte im Grunde ein und derselbe Chip steckt. Das macht die Entwicklung und Portierung für Apple-Geräte deutlich schneller, effizienter und vor allem günstiger.
Als Craig Federighi auf der WWDC 2024 sagte, Apple hätte „eine einheitliche Gaming-Plattform aus iPhone, iPad und Mac mit über 100 Millionen Geräten“ geschaffen, war das kein übertriebener Apple-Marketingsprech, sondern schlicht die Wahrheit. Es dauert einfach nur, bis die Strategie Früchte trägt.
Aus Sicht der Studios sind die geringen Umsätze auf Apple-Plattformen wahrscheinlich vertretbar. Für Capcom und Ubisoft liegt der Fokus nach wie vor auf Konsolen wie der Playstation 5 und der Xbox Series X/S und dem PC; dort machen sie praktisch alle ihre Umsätze.
Resident Evil Village wurde seit seiner Erstveröffentlichung im Mai 2021 insgesamt über 10 Millionen mal verkauft, mit einem Gesamtumsatz von über 130 Millionen US-Dollar. „Das deutet darauf hin, dass diese Spiele den Großteil ihres potenziellen Umsatzes bereits gemacht haben und die Einnahmen künftig gering bleiben“, formuliert es Zubov. Apple-Plattformen sind aktuell nur ein kleiner Snack, den man einfach so mitnimmt. 100 Millionen potenzielle Geräte will man nun auch wieder nicht liegen lassen.
Und so schlimm kann es dann eben auch wieder nicht sein, denn Capcom hat jüngst erst das dritte Resident-Evil-Spiel für Apple-Geräte veröffentlicht: Resident Evil 7 Biohazard, wie Resident Evil 4 ein Remake, aber auch nur für 20 Euro, als Einmalkauf fürs iPhone, iPad und den Mac gleichzeitig. Für Herbst hat Ubisoft bereits Assassin’s Creed Shadows angekündigt. Viele weitere Spiele sind in Arbeit.
iPhone 16 in Sicht
Auch das iPhone 16, das in knapp zwei Monaten vorgestellt wird, dürfte für Apple und Spielentwicklerinnen und -entwickler einen kleinen Lichtblick darstellen. Das iPhone, das mit Abstand meistverkaufte Apple-Gerät, hat aktuell nämlich ein Problem mit Spielen wie Resident Evil und Assassin’s Creed Mirage: Sie laufen aktuell nur auf dem iPhone 15 Pro und Pro Max, weil nur der A17 Pro leistungsfähig genug ist.
Jüngsten Berichten zufolge will Apple die komplette iPhone-16-Reihe einheitlich auf den A18-Chip bringen, damit Apples KI-Plattform, Apple Intelligence, auf möglichst vielen Geräten läuft. Die zusätzliche Performance dürfte es auch dem normalen iPhone 16 und 16 Plus ermöglichen, Spiele in Konsolenqualität zu spielen, was wiederum den potenziellen Kundenstamm für Resident Evil & Co. erhöht.