Jedes Auto hat seine Geschichte. Natürlich auch der MX-5. Als Mazda sich vor über 25 Jahren entschied, einen offenen Zweisitzer nach Muster eines Lotus Elan oder Triumph Spitfire zu bauen, war die große Zeit der kleinen Roadster längst abgelaufen. Kein Wunder also, dass die hohen Herren in Hiroshima kurz vor der Premiere auf der Chicago Motor Show im Februar 1989 plötzlich kalte Füße bekamen. "Schönes Auto", sollen die Vorstände damals geraunt haben, "aber wer bitte soll den kaufen?" So kann man sich täuschen. Im ersten Jahr bestellten über 75.000 Kunden den MX-5, bei uns war das Jahreskontingent binnen weniger Tage vergriffen.

Zurück zu den Grundtugenden des Roadsterbaus

Mazda MX-5
Von wegen Längenwachstum: Der neue MX-5 ist zehn Zentimeter kürzer geworden, misst nur 3,91 Meter.
Mittlerweile sind über 940.000 MX-5 auf den Straßen, der Roadster ist der meistverkaufte Sportwagen der Welt. Längst ist aus der Kopie ein Original geworden, eine Marke in der Marke, Mazdas coolster Typ ... Wie aber macht man den noch cooler, wie modernisiert man eine Ikone, ohne das Original zu beschämen? BMW (Mini), VW (Käfer) oder Porsche (911) waren in der gleichen Zwickmühle und pumpten über die Jahre ordentlich Luft in ihre Klassiker, machten sie immer größer und schwerer. Das Team um Mazda-Chefdesigner Ikua Maeda ging einen anderen Weg. Es erinnerte sich an das Reinheitsgebot britischer Roadster: klein, leicht, agil. So wurde die vierte Generation nicht nur zehn Zentimeter kürzer, sondern speckte auch noch über 100 Kilo ab: Fahrwerkteile, Hauben und vordere Kotflügel sind aus Alu. Mit nur 3,91 Meter Länge und einem Leergewicht von weniger als 1000 Kilo kehrt der MX-5 nun also zurück zu seinen Wurzeln. Obwohl der Neue optisch nicht total fremdelt, trennen Opa und Enkel doch Welten. Hier das karge Original: schmal, puristisch, mit Klappscheinwerfern passend zum Zeitgeist der 80er und Rädern im Schubkarrenformat. Dort der moderne Styler – breiter und an den Schultern muskulös.

Optisch schaltet der MX-5 ganz dezent auf Angriff

Mazda MX-5
Vorn gieren kleine, gleißende LED-Scheinwerfer, darunter ein weit aufgerissenes Maul – das passt.
Erwachsener, ernsthafter. Ja, auch männlicher. Die Rücklichter erinnern uns an den Jaguar F-Type, die Proportionen an den BMW Z4. Vorn gieren kleine, gleißende LED-Scheinwerfer, und ein aufgerissenes Maul verkündet: Ich fresse jede Kurve schon zum Frühstück. Zum Glück hat die Maeda-Truppe ihr expressives Kodo-Design so sensibel über den schlanken Roadster-Körper gegossen, dass sich der neue MX-5 nicht lächerlich macht. Schließlich hatte er es in seiner Karriere nie nötig, mit billiger Schminke oder wirren Linien um Aufmerksamkeit zu buhlen. Seine Stärke war immer, das Einfache nicht zu komplizieren. Purer Fahrspaß, simpel inszeniert, gewürzt mit japanischer Zuverlässigkeit. Dieses Rezept machte den MX-5 zum Weltstar. Und das wird auch so bleiben – nur eben auf ein anderes Level gehoben. Beim neuen MX-5 rücken Motor und Getriebe noch ein Stück weiter nach hinten, der Schwerpunkt noch ein bisschen weiter nach unten. Dadurch soll sich das Giermoment verringern, heißt: Der Bursche dürfte noch agiler werden, noch direkter einlenken. Wie authentisch der Spaßvogel dabei wirklich bleibt, wird sich zeigen. Wir tippen mal: Der fährt sich wie ein Wirbelwind.
Natürlich ist er – vor allem innen – nicht mehr diese rollende Verzichterklärung von 89. War ja auch klar. Hier hat er ein bisschen seine Unschuld verloren. So einen puristischen Nackedei wie damals kannst du heute niemanden mehr andrehen. Wenn der MX-5 im September 2015 zu uns kommt (ja, das dauert noch ein ganzes Jahr), bringt er reichlich elektronische Helfer mit. Spurwechselassistent, Spurhalteassistent, Fernlichtassistent, City-Notbremssystem – eben alles, was uns in Sicherheit wiegen soll. Dazu ein modernes Entertainmentsystem inklusive Touchscreen auf dem Cockpit und einem drehbaren Multicommander in der Mittelkonsole.

Für alle Regenfälle beschützt das knackig knappe Stoffdach

Mazda MX-5
Simpel und gut: Das kleine Stoffdach bleibt ohne Antrieb  und ist mit einer Hand zu bedienen.
Seine Glaubwürdigkeit verliert er damit nicht. Denn man sitzt jetzt noch ein Stück näher am Asphalt. Und noch immer hat er dieses unverschämt leichtgängige Verdeck, das du miteiner Hand nach hinten wirfst und in Sekundenschnelle wieder schließt (es wird wohl auch wieder eine Version mit Klapp-Hardtop geben). Das ist für mich Lifestyle – und nicht irgendeine blutleere Sicke im Blech. Selbst leistungsmäßig bleibt der vierte MX-5 auf dem Teppich. Hatte unser Fotomodell in unschuldigem Weiß noch 115 PS, so sind es 25 Jahre später gerade mal 15 mehr. Dann sitzt ein 1,5-Liter-Skyactiv-Benziner unter der Haube. Noch mal 30 PS mehr hat der Zweiliter-Direkteinspritzer. Das war’s aber auch schon. Für das Lächeln, das dich über den Tag trägt, braucht auch niemand mehr. Aufreißer-Maschinen überlässt Mazda anderen. Freche Preise ebenfalls. Vor 25 Jahren kostete das Urmodell 35.500 Mark, kaum mehr als 24.500 Euro dürfte der Neue kosten. Inflationsbereinigt ist der MX-5 damit heute günstiger als damals. Irre Geschichte, oder?

Kaufberatung: Offene Zweisitzer

Fazit

von

Tomas Hirschberger
Respekt, Mazda. Die Japaner folgen nicht stumpf dem irrsinnigen Trend, immer alles größer und schwerer zu machen, sondern dem Urinstinkt kompakter Roadster. Die müssen klein, leicht und agil sein - und nicht zu teuer. So wie der neue MX-5.