Hinterher fragt man sich immer: Wie konnte das passieren? Wer hat den Fahrspaß auf dem Gewissen? Nie gab es bei uns mehr Cabrios – und doch stagnieren die Zulassungen seit Jahren. Wer wollte denn auch all diese unförmigen Frischluftquallen mit ihren schweren Blechdächern, Nackenföhnen und aus dem Leim geratenen Körpern, die aussehen, als hätte sie Manfred Deix an einem grauen Regentag karikiert. Verscharren sollte man sie, auf dem Autofriedhof des schlechten Geschmacks. Schon aus rein ästhetischen Gründen.

Die ursprüngliche Roadster-Idee war von Purismus geprägt

Alfa 4C Audi TT Mazda MX-5
Drei knackige Roadster mit Fahrspaßgarantie: Audi TT, Mazda MX-5 und Alfa 4C beim Kurvenräubern.
Liebe Playstation-Generation: Die wunderbare Welt der Wind-und-Wetter-Helden war nicht immer so dekadent und fett. Der Roadster an sich kam aus einfachen Verhältnissen. Er war Minimalist, Purist. Musste leicht sein, simpel, spartanisch, billig. Und er musste Spaß machen. Vor allem Spaß. Es waren Autos für Männer mit Haaren auf der Brust. Innen zog es wie Hechtsuppe, und wenn diese Machomobile vorbeiröhrten, verdrehten sie den Mädels die Hälse, dass sie hinterher aussahen wie Schraubenfedern. Was ist von dieser Idee geblieben? Um Antworten zu bekommen, sind wir mit den drei Himmelsstürmern des Jahres steil gegangen: Mazda MX-5, Alfa 4C Spider, Audi TT Roadster. Die perfekte Freiluftbühne spendierte die Natur. Der Col de Vence, dieser pittoreske Gebirgsklumpen im Hinterland von Nizza mit seinen Hunderten Kurven, Kehren und Serpentinen. Und da die pralle Sonne sowieso gerade vor Ort war, machten wir uns auf den Weg, auf der Suche nach dem Glück.

Das Urmeter der neuen Roadster hat seinen Speck verloren

Mazda MX-5
Gesundgeschrumpft: Mit der aktuellen Generation hat der MX-5 Gewicht verloren – und Dynamik gewonnen.
Seit über 25 Jahren frisst der MX-5 nun schon Kurven in sich hinein. Früher leicht und beschwingt, zuletzt ein wenig behäbiger. Zu schwer, zu träge, zu satt war er geworden. Grund genug für die Japaner, den Reset-Button zu drücken und ihre Ikone komplett neu zu starten. An die neue Optik musst du dich erst noch gewöhnen, an alles andere nicht. Wer sich jemals im ersten MX-5 die Sorgenfalten glatt gebügelt hat, wird dem Neuen spontan zurufen: "Da bist du ja wieder!" Etwas seriöser, gereift, aber im Grunde mit der gleichen DNA wie damals. Um zehn Zentimeter kürzte Mazda die vierte Generation und speckte sie auf unter 1000 Kilo ab. Weniger Gewicht = mehr Spaß. Diese Formel kommt nie aus der Mode. Und so streifst du dir den MX-5 erneut über. Er sitzt perfekt. Du sitzt perfekt. Absolut mittig in einem Auto, das dir die gute Laune mit ganz großen Löffeln in den Innenraum schaufelt. Wen stört schon, dass das Plastik nicht geschäumt ist? Wer klopft schon ständig aufs Cockpit und sagt: „Ohaaa, das ... ist ... aber ... hart ...“ Geschenkt.
Alle News und Tests zum Mazda MX-5
Es sind wieder die einfachen Dinge, die die einstige Kopie des Lotus Elan zum vielleicht letzten Original machen: das Verdeck – du greifst nach hinten und wirfst es nach vorn. Fertig. Die Schaltung: klack, klack, klack. Kurz, knackig, klasse.

Der Mazda MX-5 kann ganz schön das Heck raushängen lassen

Mazda MX-5
Der elektronische Rettungsanker des MX-5 lässt leichte Heckschwenks zu – was für ein Vergnügen.

Die Lenkung – jetzt elektrisch und für Bummelfahrten fast zu leicht. Doch wenn die scharfen Kurven kommen, steht sie stramm und geht jede Biegung an, als hätte sie mit dem Fahrer eine Zielvereinbarung getroffen. In der Welt des MX-5 sind Geraden ohnehin pure Zeitverschwendung. Doch wer es mit dem Tanzunterricht übertreibt, der sollte schnelle Hände haben. Hoch zum Col de Vence kickte mich das Heck mehrmals ganz kurz aus der Spur – das ESP lässt das zu. Gut so. Ob das wohl so bleibt, wenn er im September zu uns kommt? Für beste Unterhaltung im klassischen Roadstersinn sorgt der neue 1,5-Liter-Motor. Ein Sauger. Danke, Mazda, dass es kein Turbo ist. 131 PS hat er, und – auch wenn er nicht den Asphalt aufreißt – mehr Mumm braucht kein Mensch. Sechs Gänge halten den Vierzylinder bis 7500 Touren bestens bei Laune. Und die letzten Gewitterwolken vertreibt sowieso der Preis: ab 22.990 Euro. Glück kann auch billig.

Nur Perfektionisten kommen im Audi TT so ganz auf ihre Kosten

Audi TT
Audi geht das Thema Roadster mit dem TT ein wenig zu technokratisch an – das wirkt am Ende streril.
Doppelt so viel kostet der TT Roadster. Und der Wind, der durch seine piekfeine Leder-und-Alu-Stube fegt, scheint wie aus einer anderen Galaxie zu wehen. Gemäßigt, gesittet, gebändigt. Alles an ihm ist eine Choreografie der Vernunft. Die Essenz der perfekten Lufthoheit. Mit 230 PS, elektrischem Akustikverdeck, digitalem Riesendisplay, Progressivlenkung und einem Quattro-Antrieb, der garantiert schlauer ist als die letzte Mondrakete. Da fällt es schwer, ganz unbekümmert die Sau rauszulassen. Vor lauter Überfluss drohen dir die Knöpfe von der Weste zu platzen. Was natürlich Quatsch ist. Denn der offene TT ist ein souveränes Luftschiff. Aber er kann auch alles niederbügeln, was sich ihm an Kurven in den Weg stellt. Da-bei knallt es beim Gangwechsel Formel-1-mäßig aus den fetten Endrohren, als würden dort Chinaböller gezündet – kalkuliertes Gänsehaut-Theater von einem elektronischen Regisseur. Alles wunderbar inszeniert und perfekt bis zur – ja: Langeweile. Es gibt derzeit wohl kaum ein besseres zweisitziges Cabrio. Doch es tanzen eben keine Schmetterlinge im Bauch herum, und das Mittelhirn schickt seine Glückshormone für den TT nur ungern auf Reisen.
Alle News und Tests zum Audi TT

Mit dem Alfa 4C ist das Lachen von Ohr zu Ohr garantiert

Alfa 4C
Kompromissloser Italiener: Den absolut puristischsten Roadster stellt Alfa mit dem 4C zum Test bereit.
Der emotionale Gegenentwurf zum kühlen Technokraten heißt Alfa Romeo 4C Spider. Selten gab es auf vier Metern mehr Spektakel. Der Spider – oder besser Targa – ist hingegossene Erotik mit authentischer Renntechnik im knappen Carbonkleid. Ein Radikalist mit so viel Herz, dass du ihn einfach lieben musst – denn sonst macht er dich verrückt. Sympathy for the Devil. Dieser analoge Schnellkochtopf ist simpel gestrickt und mit fast schon lüsternem Trieb gesegnet: Gas, Gas, Gas! Dann frisst er erst die Kurven und dann dich. Mit Haut und Haar. Sprotzend, bollernd und laut wie ein getunter Staubsauger verlangt der 240-PS-Mittelmotor im Nacken immer mehr Futter. Erst die Vernunft lupft das Gaspedal. Walter Röhrl sagte mal: "Beim Beschleunigen müssen die Tränen der Ergriffenheit waagerecht zum Ohr hin abfließen." Kannte er den 4C schon damals? Innen zeigt der Racer viel nackte Carbon-Haut, das knappe Targa-Top ist kaum mehr als ein gefütterter Gebetsteppich, der sich zusammenrollen lässt, und die Polster der Sitzschalen sind hart wie ein drei Monate altes Ciabatta. Da scheint es nur mehr als konsequent, dass die Tifosi auch gleich auf Federung und Servolenkung verzichten. Ein 4C Spider ist eben nichts für Feiglinge. Wer hier eincheckt, muss Nehmerqualitäten zeigen.
Alle News und Tests zum Alfa 4C
Die Lenkung ist so ausgelegt, als sei sie direkt mit den Nervenenden des Fahrers verbunden. Wenn er nur "Kurve" denkt, haben die Räder schon lange eingeschlagen. Das macht dich hellwach wie zehn Dosen Red Bull, ist aber auch mega anstrengend. Es gibt nicht wenige, die auf dieses Fahrerlebnis geduldig 18 Monate warten, so lang ist die Lieferzeit für den 4C Spider derzeit. Die meisten der mindestens 72.000 Euro teuren Extremisten werden später ohnehin in irgendwelchen Sammlergaragen parken. Das gönnen wir jedem. Denn wir hatten unseren Spaß. Tage wie diese müsste man konservieren und in Flaschen abfüllen. Als Glückselixier für trübe Novembertage.

Fazit

von

Tomas Hirschberger
Glück gehabt: ein Tag im Cabrio-Himmel mit drei völlig unterschiedlichen Charaktertypen. Der MX-5 beweist, dass Fahrspaß kein Privileg der Superreichen ist, Audis TT Roadster ist die perfekte Windmaschine – zu perfekt? Und der 4C Spider rührt selbst harte Kerle zu Tränen. Weil er so schön ist und so radikal anders.