ADAC Test zur Reichweite: Elektroauto mit Fahrradträger oder Anhänger

Mehrverbrauch durch Anhänger und Aufbauten, hier durch einen Dach-Fahrradtraeger
Preisfrage: Was verbraucht mehr Strom – ein Fahrrad auf dem Dach oder ein Wohnwagen am Haken? © ADAC Test und Technik

Um wie viel reduziert sich die Reichweite, wenn man mit einem Elektroauto einen Anhänger zieht oder Fahrräder transportiert? Der ADAC hat den Stromverbrauch mit unterschiedlichen An- und Aufbauten sowie Anhängern gemessen – mit überraschenden Ergebnissen.

  • Bis zu 33 Prozent Mehrverbrauch mit An-/Aufbau

  • Mit Wohnanhänger nur noch halbe Reichweite

  • Gewichtseinfluss geringer als erwartet

Dass ein Auto mit Anhänger am Haken oder einem Transportaufbau auf dem Dach mehr Energie verbraucht als ohne, ist logisch: Mehr Gewicht und ein höherer Luftwiderstand erfordern nun einmal mehr Energieaufwand für den Antrieb.

Doch für Fahrer von Elektroautos bekommt das Thema eine besondere Bedeutung. Denn sie müssen nicht nur wie alle anderen Autofahrer "nur" mit höheren Kosten kalkulieren, sie müssen – zumindest auf längeren Strecken – auch mehr zeitraubende Ladestopps vornehmen, um ans Ziel zu kommen. Und Stopps auf der Langstrecke müssen bekanntlich gut geplant sein, sonst wird die Tour unter Umständen langwierig – oder führt sogar zur Nerven-Zerreißprobe von Fahrer und Mitfahrern.

Damit Sie sich auf den konkreten Mehrverbrauch an Strom respektive die Abnahme der Reichweite einstellen und das Nachladen planen können, hat der ADAC verschiedene Einsatz-Szenarien mit dem zugkräftigen modernen E-Fahrzeug Kia EV6 beispielhaft durchgemessen und verglichen. Die gemessenen Werte gelten selbstverständlich nur für die untersuchten Fahrzeug-Auf-/Anbau-Kombinationen bzw. -Anhängervarianten. Sie geben jedoch ein Gespür für die Größenordnung, auf die sich die Nutzer von Elektroautos ungefähr einstellen können.

Mehrverbrauch: Vom Fahrradträger bis zum Dachzelt

Die Messungen des Stromverbrauchs mit den unterschiedlichen An- und Aufbauten wurden bei Fahrten mit durchschnittlich 120 km/h durchgeführt. Besonders auffällig: Werden zwei Fahrräder auf dem Dach statt am Heck transportiert, erhöht sich der Verbrauch um satte 25 Prozent. Die Reichweite verringert sich entsprechend.

Mehrverbrauch: Kleine bis große Anhänger

Die Fahrten mit den unterschiedlichen Anhängern wurden mit 100 km/h durchgeführt. Um den Alltag möglichst gut abzubilden, bei dem auf der Autobahn ohne Anhänger üblicherweise eher 120 km/h als 100 km/h gefahren wird, beziehen sich die Anhängerergebnisse auf die Referenzfahrt des Autos bei 120 km/h. Mit dem kleinen Anhänger erhöht sich aufgrund der geringeren Geschwindigkeit der Verbrauch nicht spürbar. Beim Wohnwagen hingegen bestätigte sich, was sich schon beim ADAC Praxisversuch der Urlaubsfahrt mit dem elektrischen Gespann abzeichnete: Mit einem großen Wohnanhänger verdoppelt sich der Verbrauch bei 100 km/h in dieser Fahrzeugkonstellation.

Physik: Was führt zu dem Mehrverbrauch?

Im Wesentlichen gibt es zwei physikalische Einflussgrößen auf den Verbrauch, die sich im normalen Autoalltag kräftig durchmischen und deswegen im Versuchsaufbau (so gut es geht) getrennt betrachtet wurden: der Luftwiderstand einerseits und die höhere Masse bzw. das höhere Gewicht andererseits.

Grundsätzlich gilt: Während das Gewicht sich insbesondere bei Steigungen und Beschleunigungen auswirkt, nimmt der Luftwiderstand quadratisch mit der Geschwindigkeit zu. Bei doppelter Geschwindigkeit ergibt sich ein viermal höherer Luftwiderstand, und umso stärker wirken sich An- und Aufbauten besonders mit zunehmender Geschwindigkeit aus.

Luftwiderstand: Das Tempo macht den Unterschied

Wie stark der Energieverbrauch von der Geschwindigkeit und dem daraus resultierenden Luftwiderstand abhängt, zeigte sich bei Vergleichsfahrten mit dem Wohnwagen: Bei 80 km/h betrug der Mehrverbrauch 54 Prozent, bei 90 km/h bereits 79 Prozent und bei 100 km/h waren es 103 Prozent. Was beweist: Bei Fahrten mit dem Wohnwagen lässt sich die Reichweite des Elektroautos durch gemäßigtes Tempo also äußerst positiv beeinflussen. Oder negativ ausgedrückt: Wer mit Wohnwagen permanent auf die Tube drückt, muss häufiger zum Nachladen. Als effiziente Fahrweise bietet sich das Mitschwimmen im Lkw-Verkehr an.

Gewicht: Geringer Einfluss auf den Verbrauch

Auch die Frage, inwiefern zusätzliches Gewicht durch Insassen und Beladung die Reichweite beeinflusst, wird regelmäßig von Elektroauto-Fahrern gestellt. Um diese Frage bestmöglich zu beantworten, haben die ADAC Ingenieure Messungen mit unterschiedlichen Beladungszuständen des Fahrzeugs durchgeführt: leer (nur mit Fahrer), mit geringem und höherem Zusatzgewicht sowie mit maximaler Zuladung. Die Messungen erfolgten in einem dynamischen Testparcours aus Stadt-, Land- und Autobahnanteil mit zahlreichen Beschleunigungs- und Verzögerungspassagen.

In einem Extremversuch wurde darüber hinaus noch durch permanentes Beschleunigen auf 100 km/h und Verzögern bis zum Stillstand der technisch maximale Gewichtseinfluss auf den Verbrauch ermittelt.

Das Ergebnis verblüfft: Zuladungen zeigten nämlich einen eher geringen Einfluss auf den Verbrauch. Die Differenz zwischen unbeladen (nur Fahrer) und voll beladen (plus 280 Kilogramm) betrug insgesamt lediglich sechs Prozent. Für die meisten Autofahrer dürfte der gewichtsbedingte Einfluss aber geringer sein, weil im Alltag seltener Beschleunigungen und Verzögerungen vonnöten sind.

Im Extremversuch des ADAC mit permanentem Beschleunigen auf 100 km/h und Rekuperieren bis zum Stillstand zeigte sich eine maximale Differenz von elf Prozent. Dieser Wert ist allerdings lediglich als "technisch maximaler Mehrverbrauch" ohne Alltagsrelevanz anzusehen, da so eine extreme Fahrweise im Alltag nie vorkommt.

Rekuperation unterstützt E-Autos wirkungsvoll

Die Messfahrten zeigen den Reichweiten-Einfluss von An- und Aufbauten sowie Anhängervarianten deutlich auf. Verantwortlich dafür ist im Wesentlichen der Luftwiderstand in Abhängigkeit von der gefahrenen Geschwindigkeit. Der Einfluss des zusätzlichen Gewichts durch Insassen und Gepäck ist hingegen weniger signifikant. Denn ein Vorteil von E-Autos im Vergleich zu Verbrennern ist, dass sie die beim Beschleunigen und für die Bergauffahrt benötigte Energie beim Verzögern und Bergabfahren – zum Teil jedenfalls – rekuperieren, also zurückgewinnen, können.

Das soll jedoch keineswegs bedeuten, dass bei E-Autos das Fahrzeuggewicht völlig irrelevant wäre. Denn jedes gesparte Kilogramm ist sinnvoll, insbesondere auch vor dem Ressourcenverbrauch. Wichtig für E-Auto-Fahrer und den Verbrauch ist eine entsprechend vorausschauende Fahrweise mit effizientem Einsatz der Rekuperation.

Tipps für E-Auto-Fahrer

  • Beim Kauf von Zubehör auf eine aerodynamische Ausführung und Anbringung am Fahrzeug achten.

  • Vorausschauendes Fahren und bewusstes Rekuperieren reduziert den Stromverbrauch und erhöht somit die Reichweite.

  • Zur Reichweitenoptimierung die Fahrgeschwindigkeit so hoch wie nötig, jedoch so gering wie möglich wählen.

  • Beim Anhängerbetrieb empfiehlt es sich, möglichst im Lkw-Verkehr mitzuschwimmen und stromfressende Überholvorgänge auf ein Minimum zu beschränken.

ADAC Empfehlung an die Hersteller

  • Die Fahrzeug- und Zubehörhersteller sollten aerodynamisch optimiertes Zubehör speziell für Elektrofahrzeuge entwickeln und anbieten.


Test und fachliche Beratung: ADAC Technik Zentrum/Matthias Vogt